Ob in Geschichte, Religion oder Mythologie – Anselm Kiefer setzt sich in seinen Skulpturen und Gemälden mit existenziellen Fragestellungen auseinander. Er erlangte große Bekanntheit, indem er die Tabus der deutschen Nachkriegszeit offensiv anging. Für Kiefers eindrucksvolles Wirken als kultureller Mittler zwischen Deutschland und Frankreich wurde er nun mit dem mit 30.000 Euro dotierten Deutschen Nationalpreis ausgezeichnet.

Anselm Kiefer wurde kurz vor Kriegsende 1945 in Donaueschingen geboren. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften und Romanistik widmete Kiefer sich ausschließlich der Malerei. Er studierte zunächst an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Freiburg bei Peter Dreher, anschließend an der Kunstakademie in Karlsruhe bei Horst Antes. Nachdem er von 1971 bis 1992 in Buchen im Odenwald gearbeitet hatte, übersiedelte er nach Frankreich, wo er im südfranzösischen Barjac und seit 2007 in der Nähe von Paris arbeitet.

Das Nichtdarstellbare der jüngsten deutschen Geschichte in Bilder zu fassen, blieb lange Zeit Kiefers vorrangiges Anliegen. Die Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte und nordischer Mythologie, aber auch mit Literatur und Alchemie erweiterte er Ende der 80er Jahre auf orientalische Kulturen sowie die jüdische Mystik, die einen wichtigen Platz in seinem Werk einnimmt. Nach seinem Umzug nach Frankreich beschäftigte er sich zusätzlich mit Astronomie, Philosophie und Kosmogonien verschiedener Kulturen. Kiefer schafft komplexe Kunstwerke mit symbolgeladenen Materialien wie Blei, Stroh, Sand, Pflanzen und Asche und kombiniert in seiner Arbeit Malerei, Fotografie, Holzschnitt, Künstlerbuch, Skulptur und Architektur.

Kiefers Werke sind weltweit in den bedeutendsten Museen und Privatsammlungen vertreten. Im Jahr 2005 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. 2008 erhielt er als erster bildender Künstler den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Im Februar 2023 wurde Kiefer in Paris mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet.