Heinz Bude: „Heute regiert das Misstrauen“ | Pressemitteilung der Deutschen Nationalstiftung
„Wieso fühlt sich die Welt für so viele heute so desolat an?“, hat sich der Soziologe Heinz Bude gestern in seiner „Rede zum Zusammenhalt“ gefragt, einer Veranstaltung der Deutschen Nationalstiftung und der Körber-Stiftung. Er sieht einen Grund dafür in einem Mangel an Vertrauen, der sich breitgemacht habe: „Heute regiert das Misstrauen, die Abkapselung und die Übelgelauntheit. Das sind wir alle. Wir sind misstrauisch. Wir versuchen, uns nur noch in unserem eigenen Milieu aufzuhalten.“
Bude beobachtet seit der Finanzkrise 2008 das Gefühl einer doppelten Ausweglosigkeit: „Weder dem Staat noch dem Markt ist zu trauen.“ Das sei der Beginn einer Anti-Politik von rechts und links gewesen. „Diese Politik gegen die Politik will nicht spezifische Probleme adressieren. Sie dramatisiert die Lage vielmehr auf eine Überlebensfrage der Gattung oder des Volkes.“ Er sieht einen Gegensatz zwischen einem ökoemanzipativem und einem nationalkapitalistischen Projekt über Parteigrenzen hinweg.
Heute, fast 20 Jahre später, stehe man vor einem Scherbenhaufen: „Ein Ausgleich erscheint kaum noch möglich.“ Deutschland müsse nun in neuer und anderer Weise Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zusammenbringen. „Man braucht eine Idee, die sagt, jetzt ist die Zeit gekommen, wo wir uns Unversöhnlichkeit nicht mehr leisten können“, findet Bude. Deutschland müsse wieder ein Land gerechter Anstrengungen werden. Und anstrengen, das müssten wir uns alle.
Sie möchten seine Rede nachlesen oder daraus zitieren? Hier finden Sie das vollständige Transkript der Rede von Heinz Bude: [Zum Transkript].
Wir freuen uns, wenn Sie die „Rede zum Zusammenhalt“, eine Veranstaltung der Deutschen Nationalstiftung und der Körber-Stiftung, als Kontext von Budes Rede in Ihrer Berichterstattung erwähnen.
„Mit dieser Veranstaltung arbeiten wir weiter an dem Vermächtnis von Helmut Schmidt, dem Gründer unserer Stiftung, das uns in diesen schwierigen Zeiten aktueller und relevanter denn je erscheint: Grundsatzfragen der Nation zu behandeln, im öffentlichen Diskurs die Idee der deutschen Nation zu verankern und den Zusammenhalt der Deutschen zu fördern“, sagt Thomas Mirow, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Nationalstiftung.
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Paul Meerkamp
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Hintergrundinformationen
Heinz Bude ist Gründungsdirektor des documenta-Instituts und war von 2000 bis 2023 Professor für Makrosoziologie an der Universität Kassel. 2016 wurde ihm von der Deutschen Gesellschaft für Soziologie der „Preis für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der öffentlichen Wirksamkeit der Soziologie“ verliehen. Sein Buch „Abschied von den Boomern“ ist 2024 im Hanser Verlag erschienen. Als Autor beschäftige er sich in „Die Deutschen: Wer wir sind. Wer wir sein wollen.“, erschienen im Murmann Verlag, zuletzt auch mit dem deutschen Selbstbild und der Handlungsfähigkeit des Staates.
Thomas Mirow ist seit 2018 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Nationalstiftung. Er hat sich über viele Jahrzehnte an den Schnittstellen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bewegt: als langjähriger Mitarbeiter von Willy Brandt, Senator für Stadtentwicklung und für Wirtschaft in Hamburg, Staatssekretär für Finanzen auf der Bundesebene und Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau in London.
Die überparteiliche, unabhängige und gemeinnützige Deutsche Nationalstiftung wurde 1993 von Helmut Schmidt und Weggefährten gegründet. Seither setzt sich die Stiftung dafür ein, das Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschland und die Idee der deutschen Nation als Teil eines vereinten Europas zu stärken. Sie vergibt unter anderem jedes Jahr den Nationalpreis und fördert europäische Jugendprojekte und gibt jährlich die „Berichte zur Lage der Nation“ heraus.