„Ich mache mir Sorgen, dass die deutsche Demokratie in Bedrängnis ist“ – dieser Aussage stimmten im November 65,5 Prozent von mehr als 5.000 Bundesbürgerinnen  und -bürgern zu, die das Meinungsforschungsinstitut Civey und die Deutsche  Nationalstiftung befragt hatten. Weniger als die Hälfte halten die Demokratie für eine  geeignete Staatsform, um Herausforderungen wie Pandemien zu bewältigen.

Hamburg, 2. Dezember 2021. Ist die Demokratie in Deutschland in Bedrängnis? Nur einer von vier Befragten (26,4 Prozent) in der Umfrage machte sich darum keine Sorgen. Frauen sind mit 69,1 Prozent etwas stärker um die Demokratie besorgt als Männer (62,2 Prozent).

Dr. Thomas Mirow, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Nationalstiftung, versteht die Ergebnisse als klaren Auftrag an die Fürstreiter der Demokratie. „Viele Menschen sind besorgt. Sie sehen die riesigen Herausforderungen, vor denen wir stehen. Deshalb gilt: Demokraten müssen tüchtig sein. Sie müssen die großen Probleme unserer Zeit – Klimawandel, Digitalisierung, Pandemie – beherzt und kompetent angehen“, so Mirow. „Dann wird es gelingen, größere Mehrheiten von der Überlegenheit freiheitlicher Gesellschaften zu überzeugen.“

Weniger als die Hälfte halten Demokratie für geeignet, um Pandemien zu meistern
Wie dringend die Demokratie an Überzeugungskraft gewinnen muss, zeigen weitere Ergebnisse der Umfrage. Lediglich 44,2 Prozent der Befragten hielten die Demokratie als Staatsform für geeignet, um Pandemien zu meistern. 40,4 Prozent sehen sie hingegen nicht als geeignet an. Nur unter Anhängern von SPD (51 Prozent) und Grünen (50 Prozent) sprach sich eine knappe Mehrheit für die Eignung derDemokratie aus. Unter Wählerinnen und Wählern der AfD war hingegen nur eine Minderheit von 29,9 Prozent dieser Ansicht.

Etwas höher ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Demokratie, wenn es um die Bewältigung von Klimawandel (51,5 Prozent) und Digitalisierung (55,7 Prozent) geht. Die Umfrageergebnisse finden Sie hier.

Janina Mütze, Geschäftsführerin und Gründerin von Civey, ergänzt: „Der Zugang zu Informationen zur freien Meinungsbildung ist ein fester Bestandteil unserer Demokratie und ein wesentlicher Unterschied gegenüber anderen Staatsformen. Unsere Daten bilden einen Kompass für die Gesellschaft, aber auch für politische Entscheidungsträger. Die aktuellen Ergebnisse sind alarmierend. Die Demokratie und ihre Problemlösungsfähigkeit müssen gestärkt werden, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern.”

Ungesunde Wechselwirkung: Pandemien und Demokratien
Die Corona-Pandemie ist aktuell die schwierigste Bewährungsprobe der deutschen Demokratie, das zeigt die Umfrage deutlich. Für die britische Autorin Laura Spinney ist das wenig überraschend – sie hat ausführlich zur Wechselwirkung von staatlichen Systemen und Pandemien geforscht. „Demokratien sind im Hinblick auf die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger gegenüber Autokratien im Vorteil – zumindest in ‚normalen‘ Zeiten, also ohne Pandemie. Doch gilt dies auch in Pandemiezeiten? (…) Vor der Beantwortung dieser Frage scheint der Hinweis erforderlich, dass längst nicht alle Demokratien dieser Welt ihrerseits wirklich ‚gesund‘ sind.“ Hinzu käme, so Spinney, „dass in Zeiten von Pandemien die soziale Ungleichheit tendenziell verschärft wird, zumindest klarer hervortritt und der lang gehegte

Glaube, dass die Demokratie die soziale Ungleichheit in einer Gesellschaft verringert, in den letzten Jahren immer stärker infrage gestellt worden ist. Das Verhältnis zwischen Demokratie und sozialer Ungleichheit ist komplex und vielfältig, und, wie viele kluge Menschen schon betont haben, ist Demokratie immer fragil.“

Spinneys Aufsatz „Wenn es ernst wird“ ist einer von acht Beiträgen im Sammelband „Demokratie in Bedrängnis: Warum wir jetzt gefragt sind“ – der neuesten Ausgabe in der Reihe „Berichte zur Lage der Nation“ der Deutschen Nationalstiftung. Acht renommierte Europäerinnen und Europäer analysieren darin die aktuellen Herausforderungen der Demokratie und formulieren Empfehlungen für ihre Festigung.

Demokratische Kultur verankern
Dass gezielte Maßnahmen zur Festigung der Demokratie dringend nötig sind, steht für Dr. Thomas Mirow außer Frage. Im Vorwort des Sammelbandes schreibt er: „Demokratien ohne Demokraten können nicht bestehen. Ohne Verankerung in einer demokratischen Kultur, in einer demokratischen Zivilisation kann auf Dauer auch die beste Verfassung Recht und Freiheit nicht verlässlich schützen. Das Schicksal der Weimarer Republik hat uns das in Deutschland auf bitterste Weise gelehrt.“

Zur Methode von Civey:
Civey befragte im Zeitraum vom 18. bis zum 20. November 2021 online über 5.000 Bundesbürger. Die Daten sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 2,5%. Weitere Erläuterungen zur Methodik finden Sie hier.

Über die Deutsche Nationalstiftung
Die überparteiliche, unabhängige und gemeinnützige Deutsche Nationalstiftung wurde 1993 vor dem Hintergrund der deutschen Wiedervereinigung gegründet. Begründet wurde die Stiftung von Altbundeskanzler Helmut Schmidt gemeinsam mit Altbundespräsident Richard  von Weizsäcker sowie engen Weggefährten. Der Name der Stiftung bringt die Absicht zum Ausdruck, den Nationalbegriff nicht den Nationalisten zu überlassen. Neben der Vergabe des Nationalpreises fördert die Stiftung unter anderem europäische Jugendprojekte, veranstaltet Diskussionsveranstaltungen und gibt jährlich die „Berichte zur Lage der Nation“ heraus.
www.nationalstiftung.de/

Über Civey
Civey steht für Citizen Survey. Das 2015 gegründete Unternehmen hat die Markt- und Meinungsforschung grundlegend verändert: Als Technologieunternehmen liefert Civey repräsentative Momentaufnahmen und Monitorings, die Ihnen dabei helfen, Märkte, Trends und Positionen besser zu verstehen. Das Unternehmen erhebt und analysiert Daten fortlaufend und in Echtzeit – und das an der Schnittstelle zwischen klassischer Statistik und Künstlicher Intelligenz.
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